Sonntag, 25. Dezember 2016

Antike Möbel

In der heutigen Zeit bedeuten Worte wie Tradition, Werte und Geschichte nicht mehr viel. Ist es nicht so, das nur noch Produkte erworben, benutzt und entsorgt werden. Darin sind alle Waren miteinbezogen. Ob es nun die Einkaufstüte für 20 Cent im Supermarkt oder die Möbelgarnitur aus dem Kaufhaus ist. Die Zeitspanne, in der Güter für uns einen Zweck erfüllen, wird immer kürzer. Wie wohltuend ist es da doch, antike Möbel zu betrachten und auch zu nutzen. Die handwerkliche Verarbeitung eines Schrankes zum Beispiel, der über einhundert Jahre alt ist. Alleine daran zu denken, welche Zeitspanne das ist. Einhundert Jahre! Als dieser Schrank von einem Tischler geschaffen wurde, hatte Deutschland noch einen Kaiser. England war noch Grossbritannien.

Der Tischler, der diesen Schrank wie auch alle anderen Möbel in seiner Werkstatt baute, tat dies nicht in dem Bewusstsein, das dieser Schrank noch einhundert Jahre später die Menschen erfreut. Er tat es in dem Bewusstsein, ein gut funktionierendes Möbelstück zu erschaffen, zur Zufriedenheit seines Kunden. Mit den Werkzeugen, Erfahrungen und Materialien seiner Zeit. Als dieser Tischler das Holz für den Schrank aussuchte, war er nicht nur auf der Suche nach irgendwelchen Brettern, er war auf der Suche nach bestimmten Eigenschaften. Das Holz für einen Schrank musste anders sein, als das Holz für einen Tisch oder ein Bett. Warum? Holz ist ein Naturprodukt, es lebt. Auch nach dem Fällen und Zusägen der Bretter arbeitet Holz weiter. Es reagiert auf seine Umwelt. Hitze, Kälte, Trockenheit oder feuchte Luft beeinflussen das Holz mehr oder weniger. Hier kommt es wieder auf die Holzart an. Jedes Holz hat seine eigenen spezifischen Eigenschaften. Der Tischler vor hundert Jahren, wenn er denn einen guten Lehrmeister hatte, kannte die Eigenschaften der ihm zur Verfügung stehenden Hölzer.

Mit dieser Erfahrung wurde das Holz für den Schrank ausgesucht, der über hundert Jahre später immer noch funktioniert. Doch es geht noch weiter. Auch das Zusammenfügen der einzelnen Bretter zu einem Schrank wurde nicht unbedacht durchgeführt. Ein Brett mit der falschen Seite an ein anderes Brett gefügt, konnte später dafür sorgen, dass der Schrank aus dem Leim ging. Auf diese Art wurde jeder Schritt bei der Herstellung des Schrankes bedacht und damit ein antikes Möbel geschaffen, obwohl das nicht die Absicht des Tischlers war. Ein antikes Möbel ist nicht nur ein schöner Anblick. Es ist Geschichte zum Anfassen im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist Handwerk.

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